Geschichte


Früher
 

Wann genau das Faustballspiel „erfunden“ wurde, ist nicht bekannt. Als sicher gilt jedoch, dass die Wurzeln im südlichen Teil Europas liegen, möglicherweise in Italien. Schon drei Jh. v. Chr. soll dort ein Spiel entstanden sein, bei dem eine Kugel aus Leder mit Armen und Fäusten getroffen werden musste. Vermutlich gehört damit Faustball zu den ältesten Sportarten der Welt. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen erfuhr das Faustballspiel bereits im Jahre 240 n. Chr. durch Gordanius, Kaiser von Rom. 1555 schrieb Antonio Scaino die ersten Regeln für einen italienischen Volkssport, das Ballonspiel.

Im 16. Jahrhundert erlebte das Spiel eine Renaisannce. Es hatte damals allerdings weniger Wettkampfcharakter, sondern galt eher als Zeitvertreib und sportlicher Ausgleich bei Aidlingen und Edelleuten.

Johann Wolfgang von Goethe schreibt 1786 in seinem Tagebuch „Italienische Reise“: Vier edle Veroneser schlugen den Ball gegen vier Vicenter; sie trieben das sonst unter sich, das ganze Jahre, etwa zwei Stunden vor Nacht.

Faustball-Länderspiel CH-ARG (World Games 2005)
Faustball-Länderspiel CH-ARG (World Games 2005)
 

Erst im Jahre 1870 führte Georg Weber den Faustballsport in Deutschland ein. Hauptsächlich von Turnen als Ballsport zum Ausgleich betrieben, galt Faustball bald als Turnersportart. 1885 wurde es in Dersden erstmalig bei einem Deutschen Turnfest vorgeführt. 1894 verfasste Georg Weber zusammen mit Dr. Heinrich Schnell das erste deutsche Regelwerk, das aus dem Ausgleichs- und Gesellschaftsspiel einen Sport mit Wettkampfcharakter machte. Die Spiel- und Zählweise unterschied sich allerdings erheblich vom heute bekannten Faustballsport. Der Ball musste so über die Leine gespielt werden, dass der Gegner ihn erreichen und zurückspielen konnte. Aus diesem Grund wurden keine flachen, harten, sondern möglichst hohe Bälle gespielt. Dabei wurde die Anzahl der geglückten Leinenüberquerungen gezählt, und die Mannschaft mit den meisten gültigen Überschlägen ging als Sieger vom Platz. Da damals kaum Sporthallen existierten, fand das Spiel hauptsächlich im Freien statt.

In dieser Zeit verbreitete sich der Sport in die umliegenden, vor allem deutschsprachigen, Nachbarländer, und deutsche Auswanderer trugen den Sport in alle Kontinenten, vor allem nach Südamerika und Südwestafrika.

Anlässlich des Deutschen Turnfestes 1913 in Leipzig wurde die erste Deutsche Meisterschaft der Männer ausgetragen, wo das LLB Frankfurt mit 114:101 gegen den MTV München gewann. Durch den 1. Weltkrieg wurden von 1914 bis 1920 keine Deutschen Meisterschaften ausgetragen. 1921 folge die erste Faustballmeisterschaft für Frauen, wo die Hamburger Turnerschaft mit 91:90 gegen den TV Krefeld siegreich war. Faustball, zwar immer noch als Turnspiel dem Turnerbund angegliedert, war nicht länger ein Ausgleichssport für Turner, sondern eine eigenständige Sportart geworden. Bereits 1927 beteiligten sich in Deutschland fast 12 000 Mannschaften am organisierten Faustballsport.

Durch die schnelle Verbreitung des Faustballspiels und die Verbesserung der Spielfertigkeiten wurden weitere Veränderungen im Regelwerk notwendig. So werden seit 1922 nicht mehr die gültigen Überschläge gezählt, sondern die von einer Mannschaft gemachten Fehler. Dadurch änderten sich Spielweise und Taktik erheblich, das Spiel wurde athletischer und dynamischer.

Der Zweite Weltkrieg stoppte erneut die Weiterentwicklung des Faustballsports. Erst ab 1947 war es wieder möglich, regelmäßig Deutsche Meisterschaften durchzuführen. Als Folge der darauf folgenden leistungsorientierten Entwicklung wurde 1960 der Internationale Faustballverband (IFV) gegründet. 1969 wurde Faustball innerhalb des Deutschen Turner-Bundes durch einen Bundesfachausschuss organisiert, der 1990, wie alle anderen olympischen und international betriebenen Leistungssportarten, in ein sog. Technisches Komitee umgewandelt wurde.

 

Heute


 

Das moderne Faustball wird hauptsächlich in Europa und Südamerika gespielt, vereinzelt auch in Nordamerika, Afrika und Asien. Die meiste Verbreitung findet es in Ländern mit hohem deutschsprachigen Auswandereranteil. Führende Faustballnationen sind Deutschland (9x WM Männer, 3x WM Frauen), Brasilien (2x WM Männer), Österreich (1x WM Männer, 2x Worldgames-Sieger Männer) und Schweiz (1x WM Frauen).

Die ersten Weltmeisterschaften, die alle vier Jahre stattfinden, gab es in den Jahren 1968 (Männer) und 1994 (Frauen). Darüber hinaus finden kontinentale Meisterschaften statt (z. B. Europameisterschaften) sowie kontinentale Meisterschaften auf Vereinsebene (Europapokal), Südamerika-Pokal, Afrika-Pokal, Weltpokal, IFA-Pokal). In den meisten Ländern mit zahlreichen Faustball-Anhängern werden nationale Meisterschaften von Bundesligen bis zu Kreis- und Gauligen ausgetragen, von Männern, Frauen, Jugendlichen und Schülern.

Amtierender Weltmeister 2007 bei den Männern ist erstmals Österreich, die bei ihrer insgesamt sechsten Finalteilnahme Titelverteidiger Brasilien im niedersächsichen Oldenburg überraschend deutlich besiegen konnten. Die Brasilianer hatten den Titel in den Jahren zuvor zweimal gegen Rekordweltmeister Deutschland gewonnen, die sich diesmal mit Platz drei begnügen mussten. Bei den Frauen holte sich 2006 die deutsche Nationalmannschaft in Jona (Schweiz) den Titel im Finale gegen Brasilien.

In Deutschland gibt es eine zweigeteilte Faustball-Bundesliga: Nord und Süd. Die drei jeweils bestplazierten Mannschaften spielen während eines separaten Turniers die Deutschen Meister aus.

Faustball ist zwar nicht olympisch, aber seit Jahren bei den World Games vertreten. Neben bekannten Sportarten wie Fußball, Tennis oder Leichtathletik fristet der Faustballsport ein Randgruppendasein. Aus diesem Grunde ist auch nicht das „große Geld“ im Spiel, weshalb Faustball bei vielen als ein sympathischer und unbeeinflusster Sport gilt, bei dem es Spielern und Fans gleichermaßen um den Sport als solchen geht und nicht Gehälter den Ausschlag für Vereinszugehörigkeit geben.